Vorstand

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Vorstand

REMIGIUS BAERLOCHER

Co-Präsident

In meiner früheren Tätigkeit als Sozialarbeiter habe ich immer wieder erlebt, wie wenig es braucht, um in unserer Gesellschaft benachteiligt zu sein oder zu werden.

Sei es, dass die Geldmittel knapp sind, gesundheitliche Probleme belasten, aber auch wenn der Zugang zu Informationen erschwert ist oder technische, bauliche oder gesellschaftliche Barrieren jemanden behindern und ein Mensch so benachteiligt wird.

Die Sprache ist der Zugang zu Informationen und zu Kontakten zu anderen Menschen, anderen Kulturen.

Wie rasch erleben wir dies, wenn wir im Ausland in den Ferien sind und der Sprache des jeweiligen Landes nicht mächtig sind. Vielleicht können wir uns mittels einer zweiten Sprache notdürftig verständigen, doch, wenn ausserordentliche Situationen eintreffen, fühlen wir uns rasch hilflos.

Vielen Menschen in unserem Land geht es ähnlich, sei es, dass sie die komplizierten Texte von Versicherungen, Verträgen, amtlichen Schreiben usf. nicht oder nur teilweise verstehen oder nicht wissen, wie sie angemessen darauf reagieren können.

Ich finde es faszinierend bei den samstäglichen Büroeinsätzen Menschen zu begegnen, mit ihren vielschichtigen Lebensläufen und -geschichten. Spannend und vielseitig sind die Anliegen der ratsuchenden Menschen.

Ich durfte so schon unzählige wertvolle Erfahrungen machen über Einsichten und Lebensgeschichten aus anderen Kulturen oder Lebensbereichen. Meine Hilfestellungen sind oft nicht sehr gross oder langwierig, oft ist es eine „Übersetzung“ eines Schreibens, eine Erklärung zu einem Dokument oder das Ausfüllen eines Dokumentes und die Menschen sind voller Dankbarkeit.

Manchmal muss ich aber auch die gegebenen Grenzen akzeptieren, welche die Menschen in der aktuellen Situation erleben. Dies ist nicht immer einfach. Zum Glück überwiegt das Positive mehrheitlich. Dies bereichert und beglückt mich. Wenn zufällig jemand einige Zeit später wieder vorbei schaut und berichten kann, dass nun alles „Gut“ ist, dann ist es wie „Weihnachten“.

Das Schreibbüro von Fair Wil ist wirklich eine geniale Sache und wird getragen von vielen freiwilligen Helferinnen und Helfern. Dies ist faszinierend in der heutigen Zeit, wo leider vieles nur mittels Geld möglich ist.

Katrin Hecke

Co-Präsidentin

Vor über 25 Jahren bin ich allein als junge Frau von Deutschland in die Schweiz gezogen. Es war am Anfang nicht immer einfach, sich zurecht zu finden und alles zu verstehen. Zum Glück hatte ich im Hintergrund einen Arbeitgeber und vor allem nette Arbeitskolleginnen und -kollegen, die mich bei Fragen rund um Wohnen, Versicherungen und Bank unterstützten.

Obwohl ich eine gute Schulbildung genossen, Betriebswirtschaft studiert habe und Deutsch meine Muttersprache ist, war ich um diese Unterstützung sehr froh. 

In einer Phase der beruflichen Neuausrichtung habe ich in der Zeitung ein Inserat gesehen, dass der Verein FAIR Wil freiwillige Helfer und Helferinnen für das Schreibbüro sucht. Ich erinnerte mich an meine Anfänge in der Schweiz und welche Hürden ich genommen hatte. Gern wollte ich die Menschen unterstützen und ihren Alltag etwas erleichtern. 

Bei den Einsätzen im Schreibbüro kann ich meine Erfahrungen einbringen, lerne aber auch stets etwas Neues. Vor allem, wenn ich Frauen helfen kann, empfinde ich es als wertvoll. Leider präsentieren sie sich oft zu wenig selbstbewusst, z.B. auf dem Arbeitsmarkt, und benötigen einen «Schubs» in die richtige Richtung.

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Renata Ruggli

Aktuarin

Ich bin in Wil aufgewachsen und habe hier die Schulen besucht.

Nach meiner Ausbildung zur Primarlehrerin habe ich über vierzig Jahre als Unter-stufenlehrerin gearbeitet, die letzten 30 Jahre in Wil. Ich bin verheiratet, habe drei erwachsene Kinder und vier, bald fünf Enkel. Seit dem Sommer 2015 bin ich pensioniert.

Die Familie ist und war mir immer wichtig, ebenso das Zusammenleben mit anderen Menschen. Ich setze mich dafür ein, dass wir allen Menschen mit Respekt begegnen. Gewalt in jeder Form lehne ich ab.

Es ist mir bewusst, dass es nicht selbstverständlich ist, dass ich in einem freien Land und finanziell gesichert leben kann.

Deshalb engagiere ich mich auch für Andere, in meinem Umfeld, im Quartier, in der Stadt. Ich bin Gewerkschaftsmitglied, setze mich ein für die Rechte der Frauen, schreibe Briefe für Amnesty, bin Präsidentin im Verein Wiler Frauentag und Aktuarin bei FAIR Wil. Ich arbeite gerne im Vorstand mit und schätze es, dass Junge und Alte dabei sind. Nach einer Anlaufzeit hat sich FAIR Wil in der Stadt etabliert. Das zeigt sich daran, dass die Besucher/innen-Zahlen stetig steigen. Unsere Arbeit bei FAIR Wil ist wichtig. Deshalb engagiere ich mich aus Überzeugung in diesem Verein.

Tsering Strässle-Shagkor

Kassiererin

Geboren und aufgewachsen in Wil, fühle ich mich in der Ostschweiz und insbesondere hier in der Region tief verwurzelt. Als Tochter tibetischer Flüchtlinge habe ich erlebt, wie herausfordernd der Umgang mit der Sprache, den Behörden, Banken, Versicherungen etc. für Menschen aus anderen Kulturen sein kann. Ich bin dankbar dafür, dass ich in diesem wunderbaren Land aufwachsen durfte. Ein Land, in dem ich meine persönliche Meinung vertreten darf, ohne verfolgt zu werden, meine Zukunft frei gestalten kann und sogar ein Recht auf Bildung habe.

Als ich 2003 Mutter wurde, nahm ich mir eine Auszeit von drei Jahren. In dieser Zeit half ich in der Pro Senectute Wil der dortigen Vormundin, die Buchhaltung ihrer Klient*innen aktuell zu halten. So lernte ich Remi Bärlocher, den damaligen Leiter der Beratungsstelle kennen und schätzen. Einige Jahre später erzählte er mir vom Schreibbüro des Vereins FAIR Wil und ich war begeistert von der Idee, mich dort zu engagieren.

Wenn ich für jemanden einen schön formulierten Brief oder ein sympathisches Bewerbungsschreiben erstellt habe und dann ein “Jetzt bin ich glücklich, danke viel vielmol” erhalte, dann füllt sich auch mein Herz mit Freude und Zufriedenheit. So fühlt sich für mich ein ehrliches Win-win an:-)

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Claudia Wetter

Mitglied Vorstand

Ich hatte oft Glück in meinem Leben, wozu bereits die Tatsache zählt, in der Schweiz geboren und aufgewachsen zu sein. Ausserdem durfte ich schon früh meinen Mann kennenlernen und Mutter von zwei wunderbaren, heute erwachsenen Kindern werden.

Mir war stets bewusst, dass dies nicht selbstverständlich ist. Mein Interesse für Gerechtigkeit, Chancengleichheit und Gleichstellung sowie mein Engagement gegen gesellschaftliche und strukturelle Diskriminierung begleiten mich daher bereits seit den Jugendjahren.

Dies war wohl mit ein Grund, weshalb ich auf dem zweiten Bildungsweg Rechtswissenschaften studiert habe. Danach arbeitete ich einige Zeit als Rechtsanwältin. Heute bin ich Richterin am Kantonsgericht St. Gallen.

Sowohl im privaten als auch beruflichen Umfeld erlebe ich immer wieder, wie wenig es braucht, um sich in unserer schnelllebigen und komplexen Gesellschaft nicht mehr zurechtzufinden. Noch schwieriger wird es, wenn sprachlich Hürden oder kulturelle Unterschiede dazukommen. Verständlich, dass nicht wenige Menschen Unterstützung benötigen, wenn sie beispielsweise ein Schreiben einer Behörde verstehen oder einen Brief an die Vermieterin verfassen wollen.

Die Arbeit für FAIR Wil und das Schreibbüro empfinde ich deshalb nicht nur als äusserst spannend und abwechslungsreich, sondern auch als sehr sinnvoll.